— Dieses Kind brauchen wir nicht, — warf der Ehemann kalt hin.
— Gut, dass es bei der letzten Schwangerschaft eine Fehlgeburt gab — wäre nur geboren worden, um zu leiden.

Wir haben nicht mal ein Stück Brot, leben bei deiner Mutter, und du gebärst immer weiter, als wäre das hier kein Leben, sondern ein Kaninchenstall! Hör endlich auf, mir das Leben zu verderben! Entscheide dich: entweder ich oder dein Bauch!
Alles ging vor dreißig Jahren schief.
Bis heute kann ich mir diese blinde „Liebe“ nicht verzeihen.
Ich erinnere mich, die Leute warnten mich: Trau keinem Fremden … Aber hört die Jugend auf weise Worte? Niemals.
Ich arbeitete ruhig in der Telefonzentrale, bis dieser Romeo — ein Fernmelder aus der örtlichen Garnison — in mein Leben platzte.
Zuerst rief er nur dienstlich an: Irgendwas mit der Leitung stimmte nicht, er brauchte Hilfe.
Ich erklärte alles genau nach Vorschrift, er bedankte sich und legte auf.
Aber er war höflich — immer mit einem „Danke“ und „Seien Sie so nett“.
Nach und nach wurden die Gespräche länger.
Über das Wetter, über Filme, über das Leben überhaupt.
Und eines Tages sagte er plötzlich durchs Telefon:
— Swet, wollen wir uns treffen? Auf einen Kaffee?
Ich war verwirrt.
Treffen? Mit jemandem, den ich noch nie gesehen hatte? Seine Stimme war zwar angenehm, aber … das kam so unerwartet.
— Ich weiß nicht, — murmelte ich unsicher, — das ist irgendwie komisch.
— Ach komm, — lachte er, — was verlierst du schon? Nur eine Tasse Kaffee.
Ich dachte: Stimmt, was verliere ich schon? Also stimmte ich zu.
Und da stand ich, vor dem Kino „Mir“, wie vor einer Prüfung.
Ich gehe — und er kommt mir entgegen: groß, schlank, mit einem strahlenden Lächeln.
Mein Herz stolperte — ich wusste, ich war verloren.
Wir gingen ins Café, redeten — und stellten fest, dass wir so viel gemeinsam hatten: dieselben Filme, ähnliche Bücher.
Die Zeit verging wie im Flug.
Ein halbes Jahr später musste er weg.
Ich weinte fast — ich hatte mich schon an ihn gewöhnt.
Er versprach:
— Sweta, ich komme zurück, um dich zu holen.
Ich nehme dich mit nach Moskau.
Du wirst leben wie eine Königin.
Natürlich glaubte ich ihm.
Wer hätte das nicht? Jung, naiv, verliebt.
Und er kam wirklich — wie versprochen, mit einem Koffer und einem Strauß Rosen.
Mit meinen Eltern verstand er sich sofort.
Mama weinte — ihr einziges Kind zog fort.
Vater drückte ihm fest die Hand und sagte:
— Pass auf, dass du sie nicht verletzt.
Und wenn du’s tust — komme ich und reiß dir den Kopf ab.
Roma lächelte nur:
— Ach was, Onkel Kolja! Ich werde Sweta auf Händen tragen.
Ich glaubte ihm.
Oh, wie dumm ich war …
Wir kamen in Moskau an.
Anfangs war alles wie im Märchen.
Er hatte eine eigene Wohnung, wenn auch winzig.
Ich fand schnell Arbeit in meinem Beruf.
Roma trug mich wirklich auf Händen.
Aber das Märchen dauerte nicht lange.
Das erste Alarmzeichen war, als ich seine Mutter kennenlernte — Tante Sina.
Was für eine Giftschlange! Sie hasste mich vom ersten Blick an.
Offenbar hatte sie sich eine andere Schwiegertochter vorgestellt — eine Moskauerin, mit Wohnung und Auto.
Und da kam ich — ein Mädchen vom Land.
— Na, Swetotschka, — sagte sie zuckersüß, — gewöhnst du dich schon an die Hauptstadt? Schwer, nach eurer Provinz, oder?
Ich schwieg.
Was hätte ich sagen sollen? Ich wollte keinen Streit.
Gerade da war Roma hinausgegangen.
— Geht schon, — sagte ich höflich, — ich werde mich schon eingewöhnen.
— Das wirst du wohl, — fauchte sie, — wohin willst du denn sonst.
Aber sieh zu, dass du Roma nicht zur Last fällst.
Er ist mein einziger Sohn, er soll Karriere machen.
Und du wirst Kinder kriegen, ihn an dich ketten, sein Geld verschwenden! Das wird nicht passieren!
Ich brannte vor Beleidigung.
Welche Kinder? Wir waren ja noch nicht einmal verheiratet!
— Keine Sorge, Tante Sina, — sagte ich mühsam beherrscht, — ich kann für mich selbst sorgen.
Sie verzog nur das Gesicht.
Von diesem Tag an begann mein Albtraum.
Tante Sina mischte sich in alles ein: rief ständig an, kam unangekündigt vorbei.
Wie ich koche — falsch. Wie ich mich kleide — geschmacklos. Überhaupt — keine passende Frau für ihren Roma.
Zuerst verteidigte Roma mich, sagte, er liebe mich, ich sei wunderbar.
Aber seine Mutter gab nicht auf — sie nagte Tag für Tag an ihm.
— Gott weiß, wen du da angeschleppt hast! — jammerte sie, — Roma, wo hast du sie überhaupt gefunden? Du bist Moskauer, gebildet, und sie — vom Land!
Anfangs verteidigte er mich noch, bat seine Mutter, mich nicht zu beleidigen.
Doch steter Tropfen höhlt den Stein — er wurde gereizt, kleinlich, blieb öfter länger bei der Arbeit.
Dann kam er betrunken nach Hause.
Eines Tages, nach einem weiteren Streit mit seiner Mutter, kam er moralisch zerstört zurück.
Ich versuchte, ihn zu beruhigen, doch plötzlich explodierte er:
— Lass mich in Ruhe! Ihr beide geht mir auf die Nerven! Kröten! Ich hasse euch!
Ich war sprachlos.
Damit hatte ich nicht gerechnet.
— Roma, warum? — fragte ich mit zitternder Stimme, — was habe ich dir getan?
Er winkte nur ab und ging schlafen.
Am nächsten Tag entschuldigte er sich: Er sei betrunken gewesen, könne sich an nichts erinnern.
Aber Worte bleiben — der Schmerz blieb.
Wahrscheinlich hätte ich da gehen sollen … Aber ich — eine Frau, die ihren Mann liebt — konnte es nicht.
Oh, was war ich dumm …
So vergingen die Jahre.
Tante Sina drückte, Roma explodierte, bereute, und ich — ich ertrug alles.
Weil ich ihn liebte — mehr als mein Leben.
Nach drei Jahren wurde ich schwanger.
Ich freute mich damals.
Dachte: Vielleicht bringt uns das näher? Vielleicht wird die Schwiegermutter weicher, wenn sie erfährt, dass sie Großmutter wird?
Ja, geträumt habe ich … Tante Sina bekam einen Anfall, als sie davon hörte:
— Wozu das? Du ruinierst sein Leben! Er ist jung, will Karriere machen! Und du mit deinem Kind! Ich hab’s doch gesagt — keine Kinder!
Du elende Karnickelmutter!
Roma stand daneben, schwieg.
Sah zu, wie seine Mutter mich anschrie.
Ich hielt es nicht aus — drehte mich um und ging.
Wohin — wusste ich nicht.
Ich ging einfach und weinte.
So begann mein „Familienleben“ …
Aber ich kam zu ihm zurück.
Wohin sonst? Moskau — eine fremde Stadt, keine Verwandten.
Ich hatte keine Wahl.
Zu meinem Erstaunen lebte Roma plötzlich auf — machte mir einen Heiratsantrag, sagte, er liebe mich mehr als alles.
Wir heirateten.
Wenn man das überhaupt Hochzeit nennen kann — ein schlichtes Essen im Café.
Mama kam mit meinem Bruder, um mich zu unterstützen.
Vater konnte nicht — ihn ließen sie bei der Arbeit nicht weg.
Von seiner Seite — niemand.
Keine Seele! Die Schwiegermutter sagte, sie sei beschäftigt: Die Freundin habe Gedenktag — der achte Ehemann sei gestorben.
Da müsse sie unbedingt hin.
Mama war natürlich traurig.
Versuchte, es nicht zu zeigen, aber die Enttäuschung war sichtbar.
Was sollte man machen? Zwingen kann man niemanden.
Nach der Hochzeit zogen wir zu seinen Eltern — seine Einzimmerwohnung wollten wir vermieten.
So landete ich in jener Wohnung, die zu meinem Albtraum wurde.
Dreizimmerwohnung, ja.
Aber uns blieb das kleinste Zimmer — kaum vierzehn Quadratmeter.
Die anderen — für die Eltern und die jüngere Schwester Lilja.
Kaum hatte ich die Schwelle überschritten, ließ mich Tante Sina wissen, wer hier das Sagen hatte:
— Na, Swetotschka, mach’s dir gemütlich.
Nur meine Sachen rührst du nicht an.
Und überhaupt — hier wird nichts verändert.
Das ist unser Haus, und hier gelten unsere Regeln.
Ich schwieg.
Man will ja am ersten Tag keinen Streit.
Roma stand daneben, beschämt, schwieg.
Unser Zimmer — ein altes Sofa, ein Tisch, zwei Stühle, ein Schrank.
Gemütlichkeit: null.
Nachts kam Mama zu mir:
— Sweta, vielleicht solltest du das lassen? Fahr mit uns zurück. Morgen gehen wir.
Ich brach in Tränen aus.
— Mama, wohin soll ich? Ich liebe ihn.
Und außerdem — es ist zu spät, ich bin schwanger.
Mama seufzte:
— Na schön, mein Kind.
Aber denk dran: Wenn etwas ist — ich bin immer da.
Du bist in eine Familie geraten … na ja …
So begann mein Leben in der ewigen „Kommunalka“.
Tante Sina hasste mich — das war offensichtlich.
Sie nörgelte über alles: wie ich koche — falsch, wie ich wasche — falsch, wie ich putze — falsch.
— Was kannst du überhaupt? — knurrte sie, — du verschwendest nur Luft!
Roma versuchte, mich zu verteidigen, aber sie schnitt ihm sofort das Wort ab:
— Halt den Mund, Roma! Verteidige sie nicht! Sie hängt dir nur am Hals
!
Lilja, die jüngere Schwester, behandelte mich ebenfalls von oben herab.
Mit einem spöttischen Lächeln fragte sie:
— Na, wo hast du ihn denn aufgegabelt? Wie ist er überhaupt in dein Kaff geraten?
Ich versuchte, es zu ignorieren.
Beschäftigte mich mit dem Haushalt, wartete auf das Kind, versuchte, aus diesem Albtraum ein normales Leben zu machen.
Aber jeden Tag wurde es schwerer.
Im dritten Monat der Schwangerschaft schlug mich Tante Sina zum ersten Mal.
Es begann damit, dass ich mich hinlegte — mein Blutdruck war gestiegen, mir war schwindlig.
Ich lag im Bett, schloss die Augen, versuchte zu Kräften zu kommen.
Da stürmte sie ins Zimmer und schrie:
— Was liegst du hier herum, als säßest du auf einem Thron? Hast du sonst nichts zu tn? Aufstehen, den Boden wischen!
Ich hielt es nicht aus:
— Warum tun Sie das? — fragte ich unter Tränen, — was habe ich Ihnen getan?
— Weißt du das nicht selbst? — brüllte sie, — Wegen dir hat Roma sein Leben ruiniert!
Er hätte eine anständige Frau heiraten können — eine Moskauerin, mit Wohnung, mit Zukunft! Und du … sieh dich an, dicke Kröte!
Und dann — zack! — eine Ohrfeige.
Ich konnte kaum reagieren — mein Gesicht brannte, Tränen liefen von selbst.
In diesem Moment kam Roma ins Zimmer.
— Mama, was ist denn jetzt wieder? — sagte er müde.
— Was? — kreischte sie, — ich sag doch die Wahrheit! Schau sie dir an — liegt da wie eine Herrin, mit dem Bauch nach oben! Und alles soll so sein wie früher — der Mann arbeitet, die Frau macht den Haushalt!
Romka wurde rot.
— Mama, hör auf! — erhob er die Stimme.
— Ach, hör auf?! — schrie sie, — ich hab dir mein ganzes Leben gegeben! Und du … du …
In diesem Moment griff ich plötzlich nach meinem Bauch — ein stechender Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper.
— Roma … — flüsterte ich, — mir ist schlecht … sehr …
Er eilte augenblicklich zu mir und trug mich in seinen Armen.
— Mama, ruf den Krankenwagen! — rief er.
Doch sie winkte nur mit der Hand:
— Ruf selber! Ich habe keine Zeit!
Romka stürmte aus der Wohnung, mich in seinen Armen tragend.
Ich spürte, wie ich kälte, als ob etwas in mir zerriss …
Man rief schließlich den Krankenwagen.
Im Krankenhaus lautete die Diagnose — drohende Fehlgeburt.
Man legte mich zur Beobachtung ins Krankenhaus.
Rom kam jeden Tag, sah mich schuldbewusst an, bat um Verzeihung.
Er sagte, er liebe mich, dass seine Mutter „alles im Kopf verdreht hätte“.
Aber Tante Zina hörte nicht auf.
Selbst nachdem sie beinahe ihren Enkel verloren hatte, kam sie ins Krankenhaus und inszenierte Szenen direkt auf der Station:
— Was liegst du hier herum wie eine Herrin? — schrie sie, — du musst arbeiten und nicht auf Kosten anderer faulenzen!
Die Schwestern warfen sie hinaus, doch sie gelang es, so viel Gift in mich hineinzudrücken, dass ich nach ihren Besuchen zitternd im Bett lag.
Als Rom das erfuhr, kam er zu mir mit geschwollenen Augen.
— Sveta, verzeih … — flüsterte er, — ich weiß nicht, was ich mit ihr machen soll.
Ich habe Angst vor ihr.
Da sah ich ihn zum ersten Mal wirklich an — und erkannte: das ist nicht mein Mann.
Das ist ein Junge, gefangen in einem Netz mütterlicher Abhängigkeit.
Schwach, verängstigt, unfähig, sich selbst zu schützen.
Nach der Entlassung kehrte ich in dieselbe Wohnung zurück.
Nichts hatte sich geändert.
Tante Zina bestimmte, Lilka spottete, Rom schwieg.
Mein Leben war ein endloser Albtraum.
Ich arbeitete, putzte, kochte.
Doch kochen musste ich in der Nacht — tagsüber ließ mich meine Schwiegermutter nicht aus ihrer Kontrolle, drehte in der Küche herum, als hätte sie Angst, ich könnte etwas verderben.
Und abends, wenn die ganze Familie am Tisch saß, war kein Platz für mich.
Ich saß allein in meinem kleinen Raum, hörte ihr Lachen und weinte.
Rom wurde immer härter.
Er begann, mich wegen Kleinigkeiten anzuschreien, warf mir alles vor — seine Probleme mit seiner Mutter, Misserfolge bei der Arbeit, das Fehlen von Glück.
— Das alles bist du! — schrie er, — wegen dir zerfällt mein Leben!
Und dann geschah das Schrecklichste — ich verlor das Kind.
Dieser Schmerz, den ich in mir getragen hatte, holte mich ein, und der Hass, der Tag für Tag von oben tropfte.
Ich weinte nachts, und sie — so schien es — freuten sich sogar darüber.
Kein Wort des Mitgefühls.
Kein einziger warmer Blick.
Sechs Monate nach der Fehlgeburt wurde ich wieder schwanger.
Zuerst schlug mein Herz wieder voller Hoffnung.
Vielleicht eine Chance? Vielleicht ändert sich alles?
Aber dann erinnerte ich mich an die Schreie, die Demütigungen, die Enge, Roms Abhängigkeit von seiner Mutter — und begriff: nichts wird sich ändern.
Es wird nur derselbe Qual wiederholt werden.
Ich sagte ihm von der Schwangerschaft.
Er schwieg.
Lange.
Dann atmete er aus:
— Wir brauchen dieses Kind nicht.
Ich erstarrte.
— Wie kannst du das sagen? — flüsterte ich, — es ist doch unser …
— Unser? — schnitt er mir ins Wort, — wir haben doch nicht einmal einen Platz zum Leben! Es gibt nichts zu essen, kein Geld.
Siehst du das nicht?
— Aber es ist ein Leben … — begann ich.
— Kein „Aber“! — unterbrach er mich.
— Lass abtreiben.
Ich brach in Schluchzen aus.
— Ich werde das nicht tun! — schrie ich.
— Es ist mein Kind!
— Dann gehe ich, — sagte er ruhig.
— Du entscheidest: entweder er oder ich.
Ich sah in seine Augen — und erkannte keine Liebe, kein Mitgefühl.
Nur Kälte, Berechnung, Gleichgültigkeit.
Ich stürmte durch den Raum, schrie, bat ihn, sich zu erinnern, wer er ist, dass er zumindest versuchen solle, allein zu leben, aufzuhören, ein Marionette in den Händen seiner Mutter zu sein.
Doch er stand wie ein Stein.
Letztlich brach ich zusammen.
Ich ergab mich.
Verweigerte meinem Körper.
Verweigerte der Zukunft.
Verweigerte mir selbst.
Danach war alles zwischen uns vorbei.
Wir lebten unter einem Dach, aber waren Fremde.
Sprachen nicht, sahen uns nicht an.
Existierten einfach nebeneinander wie Schatten.
Der körperliche Schmerz und der seelische — alles verschmolz zu einem Knoten der Verzweiflung.
Wie konnte ich? Wie konnte er? Warum ließ ich es zu? Antworten gab es keine.
Nach einigen Wochen reichte ich die Scheidung ein.
Rom wehrte sich nicht einmal — es war ihm egal.
Vermutlich suchte er bereits nach einer neuen „Braut“ — eine Moskauerin, mit Meldeadresse, ohne Vergangenheit.
Die Scheidung verlief schnell.
Ich packte meine Sachen und ging.
Schrieb meiner Mutter und bat sie um Hilfe für das Ticket.
Sie antwortete sofort, leihte irgendwo Geld und schickte es mir.
Ich weinte ihr ins Telefon, erzählte alles.
Mutter sagte, ich habe den richtigen Schritt getan.
Und fügte hinzu: eine Freundin erzählte ihr, dass in einer Militärbasis im Süden zivile Funker angeworben würden.
Ich zögerte nicht.
Packte meinen Koffer — und fuhr weg.
Die neue Stadt empfing mich mit Stille und Kühle.
Nach dem Moskauer Lärm und den Schreien der Tante Zina war diese Stille wie Medizin.
Meine Arbeit war dieselbe wie früher, beim Telefonzentrale, doch die Menschen waren freundlich, ruhig.
Ich lebte im Wohnheim, Zimmer zu zweit.
Meine Mitbewohnerin war Tante Galja — Köchin in der Kantine.
Gütig, fürsorglich.
Als sie meine Geschichte erfuhr, nahm sie mich sofort unter ihre Fittiche.
— Verlier nicht den Mut, Tochter, — sagte sie, — das Leben fängt gerade erst an.
Alles wird gut.
Ich lächelte, doch innerlich war Leere.
Bis Miron auftauchte — ein junger Leutnant.
Groß, mit freundlichen Augen, einem Lächeln, das das Herz schmolz.
Er zeigte sofort Aufmerksamkeit — lud mich ins Kino ein, auf Spaziergänge, ging einfach mit mir.
Anfangs lehnte ich ab.
Ich hatte Angst.
Angst, nochmal zu vertrauen, nochmal zu zerbrechen.
Doch er war beharrlich, aber nicht aufdringlich.
Nach und nach begann ich zu glauben — dass das Leben freundlich sein kann.
Dass man wieder lächeln, lachen, träumen kann.
Eines Tages, nach einem Film, begleitete er mich zurück ins Wohnheim und sagte plötzlich:
— Sveta, heirate mich.
Ich war fassungslos.
— Was?
— Heirate mich, — wiederholte er und sah mir direkt in die Augen.
— Ich liebe dich.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Er war gut.
Güte, Ehrlichkeit, Stärke.
Wahrscheinlich ideal.
Doch in mir war Angst — die Angst, wieder mich zu verlieren, wieder alles zu verlieren.
— Ich weiß nicht … — flüsterte ich.
— So schnell …
— Kein Problem, — sagte er.
— Denk nach.
Ich werde warten.
Gerade begann meine Urlaubszeit — es war Zeit, nach Hause zu fahren.
— Die Antwort gebe ich nach der Reise, — sagte ich.
Er nickte:
— Ich warte.
Und da sitze ich im Zug.
Draußen: Felder, Wälder, Dörfer.
Ich denke an Miron.
An seinen Antrag.
An das, was mich zuhause erwartet — meine Mutter,mein Vater, alte Straßen, Erinnerungen … vor allem schwere.
Und was erwartet mich vor mir? Eine neue Arbeit, eine neue Stadt, ein neuer Mensch.
Und — das Wichtigste — eine Chance.
Die Chance, neu anzufangen.
Die Chance auf Glück.
Der Zug näherte sich langsam Moskau.
Ja, der Weg nach Hause führte durch die Hauptstadt — die Stadt, aus der ich doch so verzweifelt geflohen war, nur wenige Monate zuvor.
Ich beschloss, unbedingt bei Lenka vorbeizuschauen, meine langjährige Freundin.
Wir arbeiteten zusammen in der Telefonzentrale, noch vor meiner Hochzeit.
Für mich war sie immer wie eine Schwester.
Ich wusste: sie würde zuhören, nicht verurteilen, unterstützen und vielleicht raten, was ich tun sollte.
Ich kam zu Lenka — kaum sah sie mich, stürzte sie mich in die Arme, beinahe in Tränen.
— Sveta, wie geht’s dir? — fragte sie, mich fest umarmend.
— Ich war so besorgt um dich!
— Ja, ich lebe noch, Len, — lächelte ich, wenn auch nicht wirklich aufrichtig.
Wir gehen hinein.
Gemütlichkeit, Sauberkeit, Wärme — man spürt sofort, dass die Hausherrin ihr Heim liebt.
Wir setzen uns an den Küchentisch, trinken Tee, und ich lege alles offen — all meinen Schmerz, meine Erniedrigungen, Verluste, Hoffnungen und Ängste — wie bei einem Geständnis.
Lenka hört aufmerksam zu, unterbricht nicht, nickt nur.
— Und was wirst du jetzt tun? — fragt sie, als ich verstumme.
— Ich weiß nicht, Len, — seufze ich.
— Ich habe Angst.
Was, wenn auch dieser Miron genauso ist wie Romka?
— Ach quatsch! — winkt sie ab.
— Nicht alle Männer sind gleich.
Du sagst es ja selbst — er ist gut, fürsorglich.
Und du hast nur dieses eine Leben.
Man muss es versuchen!
Wir hockten mit Lenka bis spät in die Nacht, redeten, weinten.
Am Morgen machte ich mich auf den Weg in meine Heimatstadt.
Zu Hause warteten meine Eltern und mein Bruder.
Sie freuten sich über meine Ankunft — meine Mutter nahm mich gleich in den Arm, fragte ständig, wie es mir ginge, gab mir zu essen, als wäre sie besorgt, dass ich verschwinde.
— Tochter, du bist ganz abgemagert, — sagte sie und sah mir in die Augen.
— Ach, alles in Ordnung, Mama, — lächle ich, — ich bin nur ein wenig müde.
Ich erzählte ihnen von der neuen Arbeit, von Miron.
Meine Mutter hörte schweigend zu, und mein Bruder sprang vor Freude auf.
— Na los, Schwester! — klopfte er mir auf die Schulter.
— Heirate ihn! Es reicht, dass du leidest!
Ich lächelte nur zurück.
Doch ein paar Tage später geschah etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte…
Früh morgens klingelte es an der Tür.
Meine Mutter öffnete — und auf der Schwelle stand … Romka.
Ich fiel fast in Ohnmacht.
Was macht er hier? Wie hat er mich gefunden?
Er stand da, in sich gekehrt, den Kopf gesenkt, mit roten Augen.
Er sah erbärmlich aus, wie ein geprügelter Hund.
— Sweta … — seine Stimme zitterte, — vergib mir bitte.
Meine Mutter war völlig verblüfft.
Sie schaute mich an, dann ihn — verstand nicht, was geschah.
— Was willst du? — frage ich, und mein Herz pocht wie verrückt.
— Ich weiß alles, — sagt er, — über deine Arbeit, über Miron… Lenka hat es mir erzählt.
Ich schnappte fast nach Luft vor Zorn.
So eine Verräterin! Freundinnen nennt man so!
— Na und? — frage ich kalt.
— Was hat das mit dir zu tun?
— Ich liebe dich, Sweta, — und plötzlich fällt er auf die Knie, — ich war ein Narr, blind.
Vergib mir, ich habe alles begriffen.
Meine Mutter schweigt.
In ihren Augen — nur Verachtung.
— Ich werde mich von dieser Frau scheiden, — sagt Romka (es stellte sich heraus, dass er schon vor einem halben Jahr geheiratet hatte!), — ich tausche die Wohnung mit meinen Eltern.
Wir werden getrennt leben, wie eine normale Familie.
Komm bloß zurück zu mir … Ich kann ohne dich nicht leben.
Er begann zu weinen wie ein Kind.
Er erzählte, dass er der Lilka die Einzimmerwohnung geschenkt habe, dass seine Mutter ihn gewaltsam mit der Tochter ihrer Freundin verheiratet habe.
Ich sah ihn an und … ich tat ihm leid.
Mitleid mit diesem gebrochenen Menschen.
Aber verzeihen? Nein.
Ich konnte nicht.
Nie werde ich jene Abtreibung, jene Erniedrigung, den Schmerz vergessen.
— Steh auf, Roma, — sage ich.
— Es ist vorbei.
Nichts lässt sich zurückholen.
— Nein! — schreit er.
— Ich werde nicht gehen, bis du mich nicht vergibst!
Er stürzte zu meinen Füßen, begann, die Knie zu küssen.
Meine Mutter hielt es nicht aus:
— Steh auf, du Schuft! — schrie sie und stieß ihn weg.
— Trau dich nicht, meine Tochter zu berühren! Du hast ihr Leben zerstört! Hau ab, bevor ich die Polizei rufe!
Romka erhob sich langsam.
Er sah mich hoffnungsvoll an.
— Sweta, — sagt er, — gib mir eine Chance.
Ich schwieg.
Er wandte sich zu meiner Mutter, fiel vor ihr auf die Knie:
— Verzeihen Sie mir, Tante Masha … Ich bin schuldig.
Ich war blind.
Geben Sie mir die Möglichkeit, alles wiedergutzumachen …
Meine Mutter blickte ihn mit kalter Verachtung an.
— Geh, — sagte sie.
— Du bist ihrer nicht würdig.
Er stand auf, sah mich noch einmal — und ging.
Ich stand da und sah ihm nach.
Innerlich kämpften Mitleid und Abscheu miteinander.
In diesem Moment begriff ich: Ich hatte ihm vergeben.
Aber zurückkehren — niemals.
Am Abend rief ich Miron an.
— Miron, — sagte ich, — ich stimme zu.
Ich werde dich heiraten.
Am anderen Ende war für einen Moment Schweigen.
Dann — seine glückliche Stimme, zitternd vor Freude:
— Sweta! Ich bin so glücklich! Ich liebe dich!
Und in diesem Moment fühlte ich: Alles wird gut.
Dass es nicht anders sein kann.
Ich traf die Entscheidung — ich werde Miron heiraten.
Ich dachte, das sei meine Chance auf Glück.
Doch das Schicksal hatte anderes vor.
Nach meinem Anruf tauchte Romka wieder auf.
Er lebte buchstäblich unter unseren Fenstern — saß auf Bänken, belauerte mich, wie ein Schatten.
Meine Mutter schimpfte, mein Bruder drohte, ihn zu vertreiben, und ich versuchte, nicht zu sehen, nicht wahrzunehmen.
Aber so konnte es nicht weitergehen.
Eines Tages, als ich vom Laden zurückkehrte, stürzte er auf mich zu:
— Swet, — packt mich bei der Hand, — rede mit mir, bitte!
Ich versuchte mich loszureißen, aber er hielt mich fest.
— Lass mich los, Rom.
Wir haben nichts zu besprechen.
— Doch! — ruft er.
— Ich will alles wieder gutmachen! Ich will mit dir sein!
— Du bist zu spät, — sage ich.
— Ich heirate einen anderen.
— Diesen Polen? — seine Augen flammten vor Wut.
— Ja.
Für ihn.
Er ließ meine Hand los, trat zurück.
Und sagte plötzlich:
— Ich lasse dich nicht gehen.
Nirgendwohin.
Niemals.
In seinen Augen sah ich etwas Schreckliches — Wahnsinn, Besessenheit.
Ich bekam wirklich Angst.
— Lass mich in Ruhe, Rom, — weiche ich zurück, zitternd, — ich rufe die Polizei!
Er schwieg.
Sah nur.
Und dann sah ich, wie er ein Messer aus der Tasche zog.
Ich schrie und rannte los.
Er stürzte hinterher.
Ich rannte so schnell ich konnte, aber er holte mich ein.
Und plötzlich — wie ein Wunder — tauchte mein Bruder auf.
Er sah das Ganze, stürzte auf Romka.
Ein Kampf begann.
Romka schwang das Messer, mein Bruder versuchte, ihn zu entwaffnen.
Ich stand da und schrie, wusste nicht, was ich tun sollte.
Schließlich gelang es meinem Bruder, das Messer wegzuschlagen, er warf Romka zu Boden und begann, ihn zu verprügeln.
Ich lief zu ihm:
— Hör auf! Du wirst ihn töten!
Mein Bruder stoppte, keuchte.
— Er wollte dich töten, Sweta! — rief er.
— Rufe die Polizei, bevor er verschwindet!
Die Einsatzkräfte kamen.
Romka wurde abgeführt.
Nach diesem Vorfall begriff ich: Es ist gefährlich, zu Hause zu bleiben.
Wer weiß, was einem Ex in den Sinn kommt? Und wenn Tante Zina auftaucht? Sie ist zu allem fähig.
Ich packte meine Sachen und fuhr zu Miron — dorthin, wo mein neuer Abschnitt beginnen sollte.
Miron empfing mich am Bahnhof mit einem Strauß Wildblumen.
Er umarmte mich fest und sagte:
— Ich bin so froh, dass du gekommen bist.
Wir heirateten einen Monat später.
Bescheiden, im kleinen Kreis, aber mit Wärme.
Es waren nur die unseren — Freunde, Tante Galja.
Die erste Zeit war alles gut.
Miron liebte, sorgte wirklich, wie er versprach, trug mich auf Händen.
Ich arbeitete bei der Vermittlungsstelle, lernte Polnisch, versuchte, in das neue Leben hineinzufinden.
Aber dann begann es … Er fing an zu trinken.
Zuerst selten, an Feiertagen.
Dann öfter.
Und wenn er trank — verwandelte er sich.
Wurde zornig, aggressiv.
Schrie, beschimpfte, konnte zuschlagen.
Ich versuchte zu reden, zu flehen, zu bitten — vergebens.
— Misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen! — schrie er.
— Hau ab!
Ich war wieder in der Hölle.
Nur diesmal mit einem anderen Menschen, aber mit demselben Weinen, derselben Angst und Einsamkeit.
Einige Jahre später wurde ich schwanger.
Miron war glücklich — es schien, das Kind würde ihn verändern.
Doch das Wunder blieb aus.
Nach der Geburt unseres Sohnes trank er noch mehr.
Half nicht, arbeitete nicht, schrie nur, forderte, warf mir alles vor.
Ich blieb allein.
Mit dem Kind auf dem Arm, ohne Geld, ohne Unterstützung.
Aber ich musste überleben.
Für meinen Sohn.
Ich nahm zwei Jobs an — tagsüber bei der Vermittlungsstelle, nachts als Reinigungskraft.
Es war unerträglich schwer.
Aber ich hielt durch.
Mein Sohn wuchs — er wurde meine Freude, mein Sinn.
Meine Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Miron war zu einem heruntergekommenen, erbärmlichen Menschen geworden.
Ich ließ mich von ihm scheiden, als unser Sohn fünf war.
Er wehrte sich nicht — es war ihm egal.
Ich zog ihn allein groß.
Und zum Glück zog ich einen guten, ehrlichen, starken Menschen heran.
Heute arbeitet er, hilft mir.
Wir leben in unserer Heimatstadt, in unserer Wohnung — der Wohnung, die ich mir durch jahrelange harte Arbeit gekauft habe.
Ich konnte dieses Land nicht lieben, in dem mein Schmerz stattfand.
Ich bin für immer weggegangen.
Nach dem Tod meiner Eltern erbte Romka die Wohnung in Moskau.
Er hat nie wieder geheiratet, lebt allein, trinkt oft.
Das erzählt man mir durch Lenka — wir sind noch immer in Kontakt.
Ich bat sie, Romka auf keinen Fall zu sagen, dass ich zurückgekehrt sei.
Lenka hält momentan ihr Wort.
Ich will ihn nicht sehen.
Ich will nicht, dass er mein Leben erneut zerstört.
Lass ihn der Vergangenheit angehören.
Und ich — ich gehe vorwärts.
Für meinen Sohn.
Für mich.
Für das, was noch kommt.







